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Pädiatrie
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Publiziert am: 08.05.2019

Herzinsuffizienz und Hypoxämie bei Kindern und Jugendlichen

Verfasst von: Hans Heiner Kramer
Herzinsuffizienz im Kindesalter betrifft am häufigsten Säuglinge mit angeborenen Herzfehlern, die eine Volumenbelastung hervorrufen. Während diese durch operative oder interventionelle Behandlung kausal frühzeitig beseitigt werden kann, erfordert die Herzinsuffizienz vor allem bei nur palliativ behandelten Herzfehlern im Langzeitverlauf ebenso wie bei Kardiomyopathien eine medikamentöse Therapie. Wenngleich die wissenschaftlichen Daten für eine evidenzbasierte Therapie im Vergleich zum Erwachsenenalter erheblich geringer sind, stellt das Kapitel die verfügbaren Informationen über die Behandlung sowohl der chronischen als auch der akuten Herzinsuffizienz prägnant dar.

Herzinsuffizienz

Definition
Eine Herzinsuffizienz liegt vor, wenn das Herz nicht in der Lage ist, ein für den metabolischen Bedarf des Organismus ausreichendes Herzminutenvolumen zu fördern.
Ätiologie
Im Kindesalter beruht Herzinsuffizienz meistens auf einer Volumen- und/oder Druckbelastung durch angeborene Herzfehler. Selten ist sie auf eine primäre Myokardinsuffizienz, d. h. ungenügende myokardiale Kontraktilität, z. B. infolge Reduktion der Zahl kontraktiler Elemente bei Kardiomyopathie, arterielle Hypertension, tachy- und bradykarde Rhythmusstörungen oder metabolische Störungen zurückzuführen.
Pathophysiologie
Bei unzureichendem Herzminutenvolumen werden verschiedene neurohumorale Regulationsvorgänge aktiviert, speziell das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und der Sympathikotonus. Die gesteigerte Aldosteronproduktion führt über eine vermehrte Rückresorption von Natrium, Chlorid und Wasser zur Erhöhung des intravasalen Volumens und des venösen Drucks im großen und kleinen Kreislauf. In einem frühen Stadium der Herzinsuffizienz ist dieser Anstieg der sog. Vorlast für die Verbesserung des Schlagvolumens nützlich, da über den Frank-Starling-Mechanismus die Kontraktionskraft des Herzens erhöht wird. Die Vergrößerung des diastolischen Ventrikelvolumens verursacht aber eine erhöhte Wandspannung mit Steigerung des myokardialen Sauerstoffverbrauchs. Bei stark erhöhter Vorlast kommt es schließlich zu Stauungssymptomen im Lungen- und/oder Körperkreislauf.
Die vermehrte Produktion von Angiotensin II sowie der erhöhte Sympathikotonus führen zu einer arteriellen Vasokonstriktion, d. h. Zunahme des Systemwiderstands, der sog. Nachlast, und dadurch zur Abnahme des Schlagvolumens. Der verstärkte Sympathikotonus erhöht außerdem den myokardialen Sauerstoffverbrauch, bei chronischer Aktivierung resultiert eine Abnahme der myokardialen β-Rezeptorendichte (Down-Regulation). Dies reduziert die Ansprechbarkeit des Herzens auf Katecholamine und fördert die Progredienz der Herzinsuffizienz. Die Klassifikation der Herzinsuffizienz erfolgt nach pathophysiologischen Aspekten in Links- bzw. Rechtsherzinsuffizienz sowie Globalinsuffizienz. Die im Erwachsenenalter bewährte Schweregradeinteilung nach NYHA (New York Heart Association) wird in modifizierter Form auch im Kindesalter angewendet (sog. Ross-Score).
Klinische Symptome
Die Leitsymptome der Herzinsuffizienz spiegeln die gesteigerte kardiale Belastung sowie die pulmonale und systemvenöse Kongestion wider.
1.
Die Ruheherzfrequenz ist ständig erhöht (>160/min im Säuglingsalter; >100/min beim älteren Kind). Der Puls ist schwach palpabel, der Blutdruck erniedrigt, die Kapillarfüllung verzögert, die Temperatur der Extremitäten kühl. Bei schwerer Herzinsuffizienz kann eine periphere Zyanose infolge verstärkter Sauerstoffausschöpfung sichtbar und ein protodiastolischer 3. Herzton auskultierbar sein („Galopprhythmus“).
 
2.
Bei Linksherzinsuffizienz führt der Rückstau zu einer pulmonalen Kongestion. Sie führt zu Tachydyspnoe bis hin zur Orthopnoe, erkenntlich an inter- und subkostalen Einziehungen infolge forcierten Einsatzes der Atemhilfsmukulatur. In schweren Fällen kommt es zur Atembehinderung durch bronchioläre Obstruktion. Flachlagerung führt zu Dyspnoe und Husten. Im Säuglingsalter besteht oft eine Trinkschwäche. Wegen zu geringer Kalorienzufuhr bei speziell durch vermehrte Atemarbeit bedingtem hohem Kalorienbedarf ist das Gedeihen schlecht. Bei schwerer Insuffizienz, meist infolge Volumenüberlastung, kann das Gewicht infolge Flüssigkeitsretention sprunghaft ansteigen. Die z. B. beim Trinken zu beobachtende Schwitzneigung wird als Folge des gesteigerten Sympathikotonus angesehen.
 
3.
Eine systemvenöse Kongestion führt zu Hepatomegalie, peripheren Ödemen und in schweren Fällen zu Aszites. Gestaute Jugularvenen sind beim Säugling schwer erkennbar.
 
Diagnose
Die Diagnose der Herzinsuffizienz beruht auf der klinischen Symptomatik. Das Thoraxröntgenbild zeigt in der Regel eine vergrößerte Herzsilhouette, bei Links-rechts-Shunt-Vitien vergrößerte pulmonalarterielle Gefäßquerschnitte, bei pulmonalvenöser Stauung eine milchige perihiläre Eintrübung, bei Interlobärödem Kerley-Linien. Das EKG gibt Hinweise auf Kammerhypertrophie und Vorhofbelastung, ist jedoch außer bei Herzinsuffizienz infolge anhaltender („incessant“) Tachykardie nicht wegweisend. Spiroergometrie und 6-Minuten-Gehtest dienen der Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Durch Echokardiografie und (Farb-)Dopplersonografie ist die strukturelle Ursache der Herzinsuffizienz (meistens ein angeborener Herzfehler) zu diagnostizieren. Eine verminderte systolische Kontraktion des linken Ventrikels ist an der erniedrigten, sog. Shortening Fraction erkennbar. Eine Herzkatheteruntersuchung und/oder kernspintomografische Untersuchung werden zur Abklärung des Grundes einer Herzinsuffizienz nur selten benötigt, sind aber vor kardiochirurgischen Eingriffen zur Darstellung der pathologischen Anatomie, Ermittlung der Druck- und Widerstandsverhältnisse im kleinen Kreislauf sowie Quantifizierung von Shuntgrößen in einzelnen Fällen erforderlich.
Bei Laboruntersuchungen zeigt sich in der Blutgasanalyse speziell bei schwerer pulmonalvenöser Stauung ein erniedrigter arterieller Sauerstoffpartialdruck (paO2) und eine respiratorische Azidose, bei niedrigem Herzzeitvolumen eine metabolische oder gemischte Azidose. Eine Anämie ist auszuschließen, da sie eine vorhandene Herzinsuffizienz verstärken kann. Zum Basislabor gehören außerdem Elektrolyte und Kreatinin, die Bestimmung von Troponin ist bei Verdacht auf Myokardischämie oder Myokarditis und die Bestimmung von BNP zur Verlaufskontrolle und Therapiesteuerung bei Herzinsuffizienz hilfreich. Dabei ist zu beachten, dass die Studienergebnisse zum diagnostischen Nutzen des BNP bei erwachsenen Patienten auf das Kindesalter nicht übertragbar sind.
Spiroergometrie und 6-Minuten-Gehtest eignen sich für Verlaufsuntersuchungen von Patienten mit Herzinsuffizienz und sind prognostisch aussagekräftig, jedoch nicht Parameter bei der Stellung der klinischen Diagnose.
Kausale Therapie
Die kausale Therapie der Herzinsuffizienz infolge einer kardiovaskulären Fehlbildung ist ein operativer oder interventioneller Eingriff zur Beseitigung oder Reduktion der kardialen Überlastung. Seine frühzeitige Durchführung ist die beste Prophylaxe der klinischen Auswirkungen der Herzinsuffizienz. Der kardiogene Schock beim Neugeborenen infolge Duktusverschluss bei duktusabhängigem Systemkreislauf verlangt den Einsatz von Prostaglandin E1. Eine spezifische Behandlung ist bei entzündlichen Herzerkrankungen, tachy- und bradykarden Rhythmusstörungen (elektrische Kardioversion, Katheterablation, Herzschrittmacher) sowie selten metabolischen Störungen (z. B. Schilddrüse) oder Thalassämie (Desferal-Therapie) möglich. Eine dilatative Kardiomyopathie ist keiner spezifischen Therapie zugänglich.
Symptomatische Therapie
Zur symptomatischen Behandlung einer schweren Herzinsuffizienz gehören Erleichterung der Atmung/Reduktion der Atemarbeit, ausreichende kalorische Ernährung sowie Ausgleich einer bestehenden Anämie.
Die Lagerung mit erhöhtem Oberkörper erleichtert die Atmung durch Absinken von Ödemen in die unteren Körperpartien sowie Tiefertreten der gestauten Leber, bei älteren Kindern erleichtert dies auch den Einsatz der Atemhilfsmuskulatur. In schweren Fällen sind CPAP-Atemunterstützung oder künstliche Beatmung erforderlich, welche bei Lungenödem auch dem Flüssigkeitsaustritt aus den Kapillaren durch die intraalveoläre Druckerhöhung entgegenwirken. Ausreichende kalorische Ernährung gegebenenfalls durch eine Magensonde ist wichtig, um eine katabole Stoffwechsellage infolge hypokalorischer Ernährung zu vermeiden. Eine Bilanzierung der Ein- und Ausfuhr ist bei akuter Herzinsuffizienz unerlässlich. Bei schwerer Anämie, die eine Erhöhung des für den Bedarf des Organismus notwendigen Herzzeitvolumens bewirkt, muss eine Bluttransfusion erfolgen.
Bei leichter bis moderater Herzinsuffizienz wird heute körperliche Aktivität symptomlimitiert empfohlen.
Eine metabolische Azidose bei akuter kardialer Dekompensation muss durch Natriumbikarbonat ausgeglichen werden, da sie sich stark negativ inotrop auswirkt und eine pharmakologische Beeinflussung der Myokardinsuffizienz durch positiv inotrope Medikamente erschwert.
Medikamentöse Therapie der chronischen Herzinsuffizienz
In der Behandlung der chronischen bzw. akuten Herzinsuffizienz kommen zum Teil unterschiedliche Therapieprinzipien zum Tragen.
Bei der chronischen Herzinsuffizienz ist zu unterscheiden, ob sie Folge einer linksventrikulären Dysfunktion oder der kardialen Mehrbelastung infolge eines angeborenen Herzfehlers ist. Angesichts der geringen Anzahl prospektiver randomisierter Studien im Kindesalter stützt sich die Therapie auf Medikamente, die bei Erwachsenen einen eindeutig positiven Effekt auf Mortalität und Morbidität gezeigt haben. Im Vordergrund stehen neben Diuretika ACE-Hemmer und β-Rezeptoren-Blocker, welche die bei Herzinsuffizienz stimulierte neurohumorale Aktivität durch Inhibition des Renin-Angiotensin-Systems bzw. des sympathischen Nervensystems supprimieren.
ACE-Hemmer
ACE-Hemmer supprimieren das Angiotensin-converting-Enzym, welches Angiotensin I in das stark vasokonstriktorische Angiotensin II umwandelt. Außerdem wird durch Dämpfung des sympathischen Nervensystems die noradrenerg bedingte Vasokonstriktion abgeschwächt. Wegen dieser umfassenden Beeinflussung der aktivierten neurohumoralen Systeme gelten die ACE-Hemmer Captopril ab dem 1. Lebenstag und Enalapril in Europa ab dem 6. Lebensjahr, in USA ab dem 2. Lebensmonat, heute als Grundpfeiler der Herzinsuffizienztherapie (NYHA I–IV). Da die übrigen ACE-Hemmer keine Zulassung für Kinder besitzen, werden sie hier nicht abgehandelt, sie sind auch im klinischen Alltag entbehrlich.
Obwohl ACE-Hemmer zur Therapie der Herzinsuffizienz infolge angeborener Herzfehler seit langer Zeit eingesetzt werden, gibt es bisher nur kleine, ohne Kontrollgruppen durchgeführte Studien aus den 1980er- und 1990er-Jahren, die einen positiven Effekt auf das Gedeihen und Absenkung von Herz- und Atemfrequenz gezeigt haben. Es fehlen jedoch bis heute prospektive Studien, die einen positiven klinischen Effekt bei chronischer Anwendung in der großen Gruppe von Herzfehlern mit Links-rechts-Shunt hinreichend nachweisen. Bei Mitralinsuffizienz ist der Nutzen der ACE-Hemmer belegt. Für Patienten mit singulärem Ventrikel konnte in einer großen randomisierten Multicenter-Studie kein Effekt der ACE-Hemmer-Gabe im Stadium der Norwood Palliaton und nach oberer bidirektionaler Anastomose auf klinische Parameter der Herzinsuffizienz nachgewiesen werden. Bei herzinsuffizienten Patienten mit Fontan-Zirkulation und nach Vorhofumkehroperation einer Transposition der großen Arterien ist die Indikation individuell zu stellen. Einige dieser Patienten tolerieren die Nachlastsenkung aufgrund der potenziell limitierten Füllung des systemischen Vorhofs (Vorlast) wegen der Entwicklung einer Hypotension aber schlecht. Die Therapie mit ACE-Hemmern muss besonders bei schwer herzinsuffizienten Patienten mit Kardiomyopathie zur Vermeidung von Hypotension mit niedriger Dosis begonnen und unter RR-Kontrolle über 2–3 Wochen in den therapeutischen Bereich gesteigert werden (Tab. 1). Bei Säuglingen mit Links-rechts-Shunt-Vitien kann die Dosissteigerung in den therapeutischen Bereich dagegen innerhalb weniger Tage stattfinden. Bei Diuretikagabe muss ihr vorlastsenkender Effekt bedacht und ihre Dosis unter Umständen gesenkt werden. Wegen überwiegender renaler Elimination erfordert eine eingeschränkte Nierenfunktion eine Dosisreduktion. Seltene Nebenwirkungen sind trockener Husten, Geschmacksstörungen, Proteinurie, Neutro- bzw. Thrombopenie. Autoimmunerkrankungen sind eine Kontraindikation.
Tab. 1
Dosisempfehlungen für Pharmaka bei chronischer Herzinsuffizienz im Kindesalter
Substanz
Anzahl der ED/Tag
Startdosis (mg/kg KG/Tag)
Tageserhaltungsdosis(mg/kg KG/Tag)
Captoprila
3
0,3
1–3
Enalaprila
2
0,06
0,15–0,3
Metoprolol
2
0,2–0,4
1–2,5
Carvedilol
2
0,1–0,2
0,5–0,8
Furosemida
2–4
 
2–10
Hydrochlorothiazida
2–4
 
2–4
Spironolactona
1
5
2–3
aFür Kinder zugelassene Substanzen (Details siehe Produktinformation)
β-Rezeptoren-Blocker
Die Substanzgruppe der β-Rezeptoren-Blocker nimmt nach bereits in den 1970er-Jahren erkanntem, aber damals noch nicht anerkanntem Stellenwert heute einen unumstrittenen Platz in der Herzinsuffizienztherapie im Erwachsenalter ein. Sie bietet einen Schutz vor der Down-Regulation der β-Rezeptoren und der toxischen Katecholaminwirkung durch eine Verminderung der Noradrenalinfreisetzung. In großen multizentrischen Studien sind vornehmlich β-Rezeptoren-Blocker ohne intrinsische sympathomimetische Aktivität wie Metoprolol, ein β1-selektiver Antagonist, und Carvedilol, ein nichtselektiver β-Blocker mit zusätzlichen β1-antagonistischen, d. h. vasodilatierenden Eigenschaften, an erwachsenen Patienten mit stabiler Herzinsuffizienz auf dem Boden einer koronaren Herzerkrankung sowie dilatativer Kardiomyopathie evaluiert worden. Beide Substanzen führten einige Monate nach einschleichendem Therapiebeginn – wahrscheinlich dosisabhängig – zu einer Steigerung der Ejektionsfraktion des Systemventrikels und Verbesserung der Prognose, jedoch nicht der Belastbarkeit.
Die Verwendung von β-Blockern bei Herzinsuffizienz im Kindesalter ist noch nicht gut durch wissenschaftliche Studien untermauert. Die Ergebnisse der Studien für erwachsene Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion scheinen auf das Kindesalter übertragbar zu sein. In einer prospektiv randomisierten Studie konnte eine positive Beeinflussung der klinischen Symptomatik und eine signifikante Reduktion der Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems von herzinsuffizienten Säuglingen mit Links-rechts-Shunt durch die Therapie mit Propranolol nachgewiesen werden. Für Carvedilol wurde auf der Basis einer negativen randomisierten und kontrollierten Studie, die im Rahmen einer Arzneimittelentwicklungsstudie in den USA durchgeführt worden war, keine Zulassung für die Indikation Herzinsuffizienz im Kindesalter erteilt. Obwohl Metoprolol der am häufigsten in Deutschland zur Herzinsuffizienz-Behandlung von Kindern verwendete ß-Blocker ist, existieren für diese Substanz keine entsprechenden Studien. Die operative oder interventionelle Beseitigung der kardialen Volumenbelastung durch angeborene Herzfehler lässt heute bereits in sehr frühem Lebensalter in den meisten Fällen eine ätiologische Behandlung der Herzinsuffizienz zu und sollte daher frühestmöglich erfolgen.
Die Therapie wird wie im Erwachsenenalter einschleichend über mehrere Wochen eingeleitet. Die Dosisempfehlungen bei Säuglingen und Kindern sind Tab. 1 zu entnehmen. Bei stabilen Patienten erfolgt die Steigerung in der Regel wöchentlich um die Startdosis bis zum Erreichen der verträglichen Zieldosis, bei hochgradiger Herzinsuffizienz (NYHA III–IV) gegebenenfalls langsamer und unter stationären Bedingungen. Bei angeborenen Herzfehlern mit normaler Pumpfunktion kann die Titrationsphase oft auf zirka 2 Wochen verkürzt werden. Bei klinischer Verschlechterung (z. B. symptomatische Hypotonie, Bradykardie) sollte die Dosissteigerung des β-Blockers verschoben und gegebenenfalls zunächst die Basismedikation (ACE-Hemmer, Diuretika) modifiziert werden. Das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen ist bei Patienten mit Aorteninsuffizienz und bei chronotroper Inkompetenz wahrscheinlich erhöht. Als Kontraindikation gelten das Asthma bronchiale, Psoriasis und der AV-Block II. und III. Grades vor der Versorgung mit einem Herzschrittmacher.
Diuretika
Diuretika verbessern umfassend die Arbeitsbedingungen des Herzens durch die Ausschwemmung von Ödemen, Senkung überhöhter kardialer Füllungsdrucke, Begünstigung der Sauerstoffaufnahme durch Reduktion des perialveolären Ödems, Senkung der myokardialen Wandspannung und damit des Sauerstoffbedarfs durch Reduktion des erhöhten diastolischen Volumens.
Schleifendiuretika
Schleifendiuretika (z. B. Furosemid) bewirken durch Hemmung der Na- und Cl-Rückresorption im Bereich der Henle-Schleife eine Wasserausscheidung bis zu 20 % des Glomerulumfiltrats. Die Halbwertszeit von Furosemid beträgt 1 Stunde und ist bei Früh- (20 Stunden) und Neugeborenen (8 Stunden) deutlich verlängert. Nach oraler Gabe hält seine Wirkung 6–8 Stunden an. Die Dosisempfehlungen sind Tab. 1 zu entnehmen. Der positive klinische Effekt der Diuretikatherapie wird vor allem im Säuglingsalter von einer erheblichen Stimulation des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems begleitet. Eine Kombinationstherapie mit Spironolacton, β-Blockern oder ACE-Hemmern ist daher sinnvoll.
An Nebenwirkungen kann sich wegen der renalen Verluste eine Hypokaliämie und hypochlorämische Alkalose entwickeln. Bei gleichzeitiger Therapie mit Aminoglykosiden ist auf Ototoxizität, mit Cephalosporinen auf Nephrotoxizität zu achten.
Thiazide
Thiazide (z. B.Hydrochlorothiazid) hemmen den Na+-Cl-Kotransporter im distalen Tubulus und entfalten infolge des unterschiedlichen Angriffspunkts additive Effekte zu einem Schleifendiuretikum. Durch die sequenzielle Nephronblockade kann die Dosis beider Medikamente (Tab. 1) reduziert und eine eventuelle Diuretikaresistenz gegebenenfalls überwunden werden.
Spironolacton
Spironolacton ist ein Aldosteronrezeptorantagonist mit relativ geringem diuretischem Effekt, dessen Gabe bei Herzinsuffizienz von Kindern mit angeborenen Herzfehlern wegen der bei ihnen stark erhöhten Aldosteronwerte zusätzlich zur Basismedikation sinnvoll ist. Speziell bei höher dosierter Therapie mit Schleifendiuretika macht sich sein kaliumsparender Effekt bemerkbar. Die volle Wirkung tritt erst nach 3–4 Tagen ein. Die Resorption beträgt ca. 60 %. Eine Kombination mit ACE-Hemmern ist unter Beachtung des Serumkaliums möglich. Nebenwirkungen der Therapie sind selten. Als Kontraindikation gilt eine Niereninsuffizienz.
Digitalisglykoside
Die Digitalisglykoside erhöhen durch Hemmung der Na/K-ATPase indirekt (Na/Ca-Austausch) die Ca-Konzentration im sarkoplasmatischen Retikulum und intensivieren durch seine vermehrte Freisetzung die systolische Interaktion des Aktins und Myosins. Durch Vagusstimulation senken sie die Herzfrequenz und verlängern so die diastolische Füllungsphase.
Bei Patienten mit systolischer Linksherzinsuffizienz und Sinusrhythmus liegen für eine Therapie mit Digitalisglykosiden zusätzlich zu ACE-Hemmern, β-Blockern und gegebenenfalls Diuretika nur unzureichende Daten vor. Die Digitalisierung von Kindern mit angeborenen Herzfehlern ist wegen der in diesen Fällen meist normalen Myokardfunktion dieser Patienten umstritten, zur Nutzung der neurohumoralen Effekte jedoch im Einzelfall berechtigt. Die Therapie sollte dann einen niedrigeren als früher empfohlenen Serumspiegel von 0,5–0,9 ng/ml anstreben.
Der Glykosidbedarf in den einzelnen Altersstufen ist unterschiedlich und bei Früh- und Neugeborenen wegen ihrer geringeren Muskelmasse und langsameren renalen Elimination erniedrigt (Tab. 2).
Tab. 2
Digoxin-Dosierung in verschiedenen Altersstufen
 
Totale Sättigungsdosis
Tageserhaltungsdosis
Frühgeborene
20 μg/kg KG
5 μg/kg KG
Reife Neugeborene
30 μg/kg KG
8–10 μg/kg KG
Säuglinge und Kinder <2 Jahre
40–50 μg/kg KG
8–10 μg/kg KG
Kinder >2 Jahre
30–40 μg/kg KG
8–10 μg/kg KG
Maximale Dosis
1 mg
0,250 mg
Bei eingeschränkter Nierenfunktion muss die Glykosiddosis reduziert werden. Da die renale Ausscheidung durch verschiedene Antiarrhythmika (z. B. Propafenon, Flecainid, Amiodaron und Verapamil) herabgesetzt wird, muss bei gleichzeitiger Gabe zur Vermeidung toxischer Wirkspiegel eine Dosisreduktion vorgenommen werden.
Resynchronisationstherapie
Eine kardiale Resynchronisationstherapie hat sich bei Erwachsenen mit schwerer Linksherzinsuffizienz und intraventrikulärer Erregungsausbreitungsverzögerung als effizient erwiesen. Die Indikationsstellung muss bei ähnlicher Konstellation im Kindesalter sowie in Abhängigkeit von der gegebenenfalls vorliegenden strukturellen Herzerkrankung von Einzelfall zu Einzelfall von diesbezüglich erfahrenen Zentren gestellt werden, da eine ausreichende Studienlage zur Zeit noch nicht gegeben ist.
Medikamentöse Therapie der akuten Herzinsuffizienz
Bei akuter schwerer Herzinsuffizienz besteht neben den oben beschriebenen symptomatischen Maßnahmen und einer intensivierten diuretischen Therapie die Indikation zur intravenösen Verabreichung von Katecholaminen und Phosphodiesterasehemmern. Die Dosisempfehlungen sind in Tab. 3 zusammengefasst.
Tab. 3
Dosisempfehlungen für Pharmaka bei akuter Herzinsuffizienz im Kindesalter
Substanz
Regeldosis
Hohe Dosis
Adrenalina
0,05 μg/kg KG/min
0,1–0,3 μg/kg KG/min
Noradrenalina
0,01–0,05 μg/kg KG/mi
0,1–0,5 μg/kg KG/min
Dobutamina
5–10 μg/kg KG/min
20 μg/kg KG/min
Dopamina
3 μg/kg KG/min („Nierendosis“)
10–15 μg/kg KG/min
Enoximona
0,25–0,5 mg/kg KG als ED, Wiederholung nach 30 min (bis zur hämodynamischen Stabilisierung)
4–6 ED/Tag; gegebenenfalls DTI 2–10 μg/kg KG/min
 
Milrinon
0,25 mg/kg KG, dann DTI 0,25–1 μg/kg KG/min
 
Natriumnitroprussida
0,3–2 μg/kg KG/min
2–6 μg/kg KG/min
Prostazyklina
5–15 ng/kg KG/min
25 ng/kg KG/min
Furosemida
2–10 mg/kg KG/Tag
 
Enalaprilata
5–20 μg/kg KG/min
 
Etacrynsäurea
2–4 mg/kg KG/Tag
 
Spironolactona
2–5 mg/kg KG/Tag
 
aFür Kinder zugelassene Substanzen (Details siehe Produktinformation; DTI Dauertropfinfusion, ED Einzeldosis)
Katecholamine
Katecholamine stimulieren die α- und β-Rezeptoren des Herzens, der Arteriolen und der Venen und erhöhen so die intrazelluläre Produktion von zyklischem Adenosinmonophosphat (cAMP). Die Stimulation der β1- und β2-Rezeptoren des Herzens erhöht seine Kontraktilität und Frequenz. Die α-Rezeptoren der Arteriolen und Venen lösen eine Vasokonstriktion aus, ihre β2-Rezeptoren vermitteln eine Vasodilatation. Katecholamine müssen stets zentralvenös appliziert werden.
Adrenalin
Adrenalin ist ein körpereigenes Katecholamin, das sowohl die kardialen β1- und β2-Rezeptoren als auch die vaskulären α- und β2-Rezeptoren stimuliert („full agonist“). Bis 0,05 μg/kg KG/min überwiegt der β2-stimulierende Effekt, ab 0,15 μg/kg KG/min nimmt infolge überwiegender α-Stimulation der Gefäßwiderstand deutlich zu. In der Regel braucht eine Dosierung von 0,10 μg/kg KG/min nicht überschritten zu werden. Zum Ausgleich des α-Effekts ist bei höherer Dosis die zusätzliche Gabe nachlastsenkender Medikamente erforderlich. Bei schwerer Herzinsuffizienz wird heute allerdings fast immer in erster Linie ein Phosphodiesterase(PDE)-Hemmer (siehe unten) verwendet. Dies hat zur Folge, dass die Adrenalindosis deutlich niedriger gewählt werden kann. Adrenalin ist wegen seiner starken α- und β1-stimulierenden Wirkung das Mittel der Wahl bei der Reanimation, um den diastolischen Aortendruck und damit den koronaren Perfusionsdruck zu erhöhen sowie die Herzfrequenz zu steigern.
Dobutamin
Dobutamin ist ein synthetisches Sympathikomimetikum, welches als „partial agonist“ relativ selektiv die kardialen β1-Rezeptoren stimuliert. Im vaskulären Bereich dominiert eine mäßige β2-Stimulation über eine geringe α-Stimulation, sodass der Gefäßwiderstand sinkt.
Dopamin
Dopamin steigert die Freisetzung von Noradrenalin an den sympathischen Nervenendigungen und entfaltet so am Herzen eine β1- und an den Gefäßen eine α-stimulierende Wirkung. Durch Stimulation spezifischer renaler Dopaminrezeptoren kommt es in niedriger (sog. Nieren-)Dosis bis 3 μg/kg KG/min zur Erhöhung der glomerulären Filtrationsrate. Oberhalb dieser Dosis beginnt der positiv inotrope Effekt, ab 8–10 μg/kg KG/min nimmt der Gefäßwiderstand deutlich zu.
Noradrenalin
Noradrenalin, Vorstufe des Adrenalins in der Biosynthese, stimuliert kardiale β1- und vaskuläre α-Rezeptoren, besitzt dagegen aber keine β2-vermittelten inotropen und vasodilatorischen Wirkungen. Bis 0,05 μg/kg KG/min sind α- und β1-Effekt ausgeglichen, bei höherer Dosis dominiert der vasokonstriktorische α-Effekt, der genutzt wird, wenn eine Hypotension durch erniedrigten Systemwiderstand (z. B. Sepsis) die Organperfusion gefährdet.
Phosphodiesterasehemmer
Die Phosphodiesterase(PDE )-Hemmer Milrinon und Enoximon erhöhen den zellulären Gehalt an cAMP im Gegensatz zu den Katecholaminen durch Hemmung seines Abbaus. Beide Substanzgruppen steigern die myokardiale Inotropie additiv. An der glatten Gefäßmuskulatur inaktiviert die cAMP-Erhöhung die für die Kontraktion erforderlichen Proteinkinasen, sodass der arterielle Widerstand sinkt. Aufgrund der positiv inotropen und vasodilatierenden Eigenschaften werden die PDE-Hemmer auch als Inodilatatoren bezeichnet. Zur Vermeidung eines schweren Blutdruckabfalls muss das intravasale Volumen ausreichend sein. Milrinon kann als Dauertropfinfusion (DTI) auch über einen peripheren Venenweg appliziert werden, Enoximon sollte besser mit Einzelgaben als mit Dauerinfusion erfolgen, da mit vielen Infusionslösungen eine Inkompatibilität vorliegt und sich wegen der langen Halbwertszeit (4–6 Stunden) durch Akkumulation eine übermäßige Nachlastsenkung mit Hypotension entwickeln kann.
Levosimendan
Levosimendan ist ein Kalzium-Sensitizer, der die myokardiale Funktion durch Erzeugung einer Energie effizienteren myokardialen Kontraktilität stärkt, welche ausgeprägter sein soll als adrenerge Stimulation durch Katecholamine. In einer Cochrane Analyse konnte im postoperativen Einsatz nach Korrektur angeborener Herzfehler bei Kindern unter 5 Jahren keine Überlegenheit dieser Substanz gegenüber der Verwendung einer Standardbehandlung mit Katecholaminen oder PDE-Hemmern nachgewiesen werden. Es liegt keine Zulassung für die Therapie im Kindesalter vor (offlabel-use).
Vasodilatatoren
Vasodilatatoren dienen der Entlastung des Herzens durch Senkung des system-arteriellen Widerstands, d. h. der Nachlast, sowie erhöhter Füllungsdrucke, d. h. der Vorlast. Die Dosisempfehlungen sind Tab. 3 zu entnehmen.
Natriumnitroprussid
Natriumnitroprussid (NNP) ist ein sehr effektiver venöser und arterieller Nitrovasodilatator, der intrazellulär zu NO und Zyanid metabolisiert wird. Wegen des photochemischen Abbaus sind Lichtschutzleitungen sowie -perfusorspritzen zu verwenden. Da das aus NNP entstehende zytotoxische Zyanid ab 2 μg/kg KG/min nicht ausreichend hepatisch abgebaut wird, ist simultan Natriumthiosulfat zwecks Umwandlung in das ca. 100-mal weniger toxische Thiozyanat (Spiegel <10 mg/dl) zu verabreichen. Bei Zyanidvergiftung ist der Methämoglobinbildner 4-DMAP (3–4 mg/kg KG) als Antidot zu geben.
ACE-Hemmer
Die parenterale Gabe von ACE-Hemmern in Form des Enalaprilat ist sinnvoll, wenn eine Nachlastsenkung für den Systemventrikel angestrebt wird, der Patient jedoch noch keine orale Medikation erhalten kann (Tab. 3).
Stickstoffmonoxid
Stickstoffmonoxid (NO) ist identisch mit dem Relaxationsfaktor des Endothels (EDRF) und gelangt durch die Zufuhr mit dem Beatmungsgas in selektiven Kontakt mit den pulmonalen Widerstandsgefäßen und entfaltet deshalb keine Wirkungen auf den Systemkreislauf. Es wird speziell nach Korrektur von Herzfehlern mit pulmonaler Hypertonie zur Bekämpfung hypertensiver Krisen in einer Dosis von 2–10(−20) ppm (parts per million) eingesetzt, die durch geeignete Messinstrumente exakt überprüft werden muss, um Nebenwirkungen, speziell durch Bildung von Methämoglobin, zu vermeiden.
Prostazykline
Prostazyklin wird in den Gefäßendothelzellen gebildet und spielt physiologisch eine Rolle als Modulator des Lungengefäßwiderstands. In pharmakologischen Dosen entfaltet es seine vasodilatierende Wirkung aber nicht nur im Lungenkreislauf, sondern etwa in gleichem Ausmaß auch im Systemkreislauf. Es kann nach Herzoperationen bei schwerer krisenhafter pulmonalvaskulärer Widerstandserhöhung eingesetzt und gegebenenfalls mit NO-Beatmung kombiniert werden (Tab. 3).
α-Blocker
Die α-Blocker Phenoxybenzamin (Halbwertszeit 24 Stunden) und Phentolamin (Halbwertszeit 1,5 Stunden) finden bei spezifischen intensivmedizinischen Indikationen Anwendung, um einer starken systemischen Vasokonstriktion entgegenzuwirken, die durch Einsatz anderer oben genannter Medikamente nicht beherrschbar ist. Ein intravasales Volumendefizit muss durch adäquate Volumenzufuhr ausgeglichen werden. Eine invasive Überwachung der zentralvenösen und arteriellen Drucke ist ratsam.
Diuretika
Die bei chronischer Herzinsuffizienz üblichen Diuretika Furosemid und Spironolacton werden intravenös in der in Tab. 3 genannten Dosis verabreicht. Zusätzlich kann Etacrynsäure, ebenfalls ein Schleifendiuretikum, wegen des anderen Angriffspunkts bei unzureichender Diurese zusätzlich zu Furosemid gegeben werden.
Weitere Therapiemaßnahmen
Eine mechanische Nachlastsenkung mittels „assist device“ steht heute in allen Altersstufen zur Behandlung eines pharmakologisch unbeeinflussbaren Linksherzversagens zur Verfügung. Bei schwerster Herzinsuffizienz ist die Herztransplantation eine realistische therapeutische Option, sowohl bei Kardiomyopathie als bei auch inoperablen Herzfehlern. Die Frühletalität beträgt ca. 10 %, die 5- und 10-Jahres-Überlebensrate 80 bzw. 70 %.
Prophylaxe
Abschn. „Kausale Therapie“.

Hypoxämie

Definition
Unter einer Hypoxämie ist eine arterielle Sauerstoffsättigung unter 90 % zu verstehen. Sie resultiert aus pulmonalen Gründen oder durch eine intra- oder extrakardiale Beimischung von venösem zu arteriellem Blut. Bei kardialer Ursache bestimmt die Abnahme des Quotienten von pulmonalem zu systemischem Herzzeitvolumen den Grad der Hypoxämie.
Ätiologie und Pathogenese
Am häufigsten beruht eine Hypoxämie auf einem Herzfehler mit Rechts-links-Shunt, z. B. Fallot-Tetralogie, Trikuspidalatresie, Pulmonalatresie, kritische Pulmonalstenose mit intaktem Septum oder einer kompletten Transposition. Nur noch selten liegt ihr heute eine irreversible pulmonale Druck- und Widerstandserhöhung (sog. Eisenmenger-Reaktion) infolge nicht operierter kardiovaskulärer Fehlbildung (Truncus arteriosus, Ventrikelseptumdefekt, kompletter atrioventrikulärer Kanal) zugrunde, ebenfalls relativ selten ist die primäre pulmonale Hypertonie.
Pathophysiologie
Der O2-Gehalt des Blutes basiert auf 3 Faktoren: dem die O2-Kapazität bestimmenden Hämoglobinwert, der Sauerstoffsättigung des Hämoglobins und dem Anteil des physikalisch gelösten Sauerstoffs (pO2). Die arterielle O2-Sättigung wiederum hängt ab vom Partialdruck des Sauerstoffs und der O2-Affinität des Hämoglobins. Aufgrund des Verlaufs der O2-Dissoziationskurve besteht keine lineare Beziehung zwischen arteriellem pO2 und der O2-Sättigung des Hämoglobins. Unterhalb eines pO2 von 50 mmHg sinkt die Sauerstoffaffinität und folglich die O2-Sättigung des Hämoglobins stark ab, während oberhalb dieses Wertes die Veränderungen der O2-Sättigung nur gering sind. Dies erklärt auch die stärkeren Folgen, wenn der arterielle pO2 auf den steilen Schenkel der O2-Dissoziationskurve sinkt.
Sowohl das systemische als auch das pulmonale Gefäßbett reagieren direkt auf Hypoxämie, und zwar führt sie zu einer systemischen Vasodilatation und einer pulmonalen Vasokonstriktion. Daraus resultieren für den Organismus folgende Vorteile: Bei Hypoxämie pulmonaler Areale entsteht dort ein Ventilations-Perfusions-Mismatch, die resultierende Vasokonstriktion ermöglicht eine Blutumverteilung zu besser belüfteten Arealen. Die systemische Vasodilatation senkt demgegenüber die Nachlast und erleichtert damit über eine Zunahme des Herzzeitvolumens das systemische Sauerstoffangebot. Leider begünstigt dieser Mechanismus bei Herzfehlern mit eingeschränkter Lungendurchblutung den Rechts-links-Shunt und kann zu einer kaskadenförmigen Zunahme der systemischen Hypoxämie mit kritischer Unterschreitung des O2-Bedarfs des Gewebes und metabolischer Azidose führen.
Eine chronisch erniedrigte O2-Sättigung stimuliert das Knochenmark über eine verstärkte renale Erythropoetinfreisetzung zu einer vermehrten Erythropoese. Die so erzielte Erhöhung der O2-Kapazität ist bis zu einem Hämatokrit von 70 % ein nützlicher Kompensationsmechanismus, oberhalb dieser Grenze überwiegen die auf Hyperviskosität und verschlechterter O2-Freisetzung beruhenden Nachteile.
Neben der arteriellen O2-Sättigung und der O2-Kapazität des Hämoglobins muss bei der pathophysiologischen Analyse einer Zyanose auch die arteriovenöse O2-Differenz berücksichtigt werden, die bei erniedrigtem Herzzeitvolumen erhöht ist und eine Ausschöpfungszyanose erklärt.
Klinische Symptome
Die Hypoxämie macht sich in einer Zyanose von Haut (besonders Finger- und Fußnägel) und Schleimhäuten (Zunge, Lippen und Konjunktivae) bemerkbar, wenn bei normalem Hämoglobinwert der reduzierte Hb-Anteil im kapillären Blut von normal 2,25 g/dl1 auf über 3 g/dl ansteigt, entsprechend einer O2-Sättigung von etwa 80–85 %. Bei Anämie, z. B. auf 10 g/dl erniedrigtem Hämoglobinwert, beträgt die Menge des reduzierten Hämoglobins in den Kapillaren unter der Voraussetzung einer normalen arteriovenösen Sättigungsdifferenz von 40 % nur 2 g/dl. Daher besteht trotz einer O2-Sättigung von 80 % keine Zyanose. Bei zyanotischem Herzfehler entwickeln sich innerhalb der ersten beiden Lebensjahre eine Verbreiterung und Verdickung der Fingerendglieder (Trommelschlägelfinger) und hyperkonvexe (Uhrglas-)Nägel. Bei älteren Kindern führt die Polyzythämie neben der Reduktion der körperlichen Leistungsfähigkeit zu vagen Symptomen wie Kopfschmerzen, Sehstörungen, Tinnitus, Aufmerksamkeitsdefizit, Mattigkeit, Parästhesie der Lippen und Endphalangen sowie Myalgien. Zu den schwersten Komplikationen zählen paradoxe Embolien speziell mit zerebralem Insult, der von transitorischen motorischen Defiziten bis hin zur Hemiplegie reichen kann. Heftige Kopfschmerzen, fokale neurologische Symptome oder gar ein Krampfanfall sowie Bewusstseinsverlust sollten den Verdacht auf einen Hirnabszess lenken. Zyanotische Patienten zählen wegen ihrer abnormalen intrakardialen Anatomie sowie der gegebenenfalls erfolgten Versorgung mit einem systemisch-pulmonalem Shunt zu der Patientengruppe mit dem höchsten Endokarditisrisiko. Die oft hypertrophierte Gingiva erschwert die Mundhygiene und erlaubt die Entstehung unentdeckter Abszesse als potenzieller Fokus von Bakteriämien. Hämoptysen können als Folge erodierter Pulmonalarterien oder Kollateralen auftreten.
Ebenso wie eine relative Anämie die systemische Sauerstoffversorgung beeinträchtigt, tut dies auch eine starke Polyzythämie, und zwar als Folge ihrer negativen Auswirkungen auf die Auswurfleistung des Herzens. Gründe sind die ab einem Hämatokrit von 70–75 % dramatisch ansteigende Blutviskosität, welche den System- und besonders den Pulmonalwiderstand steigert und auch die Koronarzirkulation beeinträchtigt, und die erhöhten Scherkräfte.
Patienten mit rechtsventrikulärer Ausflussbahnobstruktion, speziell der Fallot-Tetralogie, nehmen nach körperlicher Belastung eine Hockstellung ein, um durch Abknickung der Femoralgefäße den systemischen Widerstand zu erhöhen und den venösen Rückfluss aus den hochgradig untersättigten Beinen zu reduzieren. Zu den gefährlichsten Auswirkungen der Hypoxämie gehört bei dieser Patientengruppe der zyanotische Anfall. Er kann nach Schreien bei Hunger oder medizinischen Interventionen, aber auch ohne vorangehende Irritation auftreten und auch Säuglinge mit geringer oder fehlender Zyanose betreffen. Klinisch werden anfangs und in leichten Fällen eine auffällige Irritabilität, Weinen oder Schreien sowie speziell eine Tachypnoe beobachtet, bei schwerer Obstruktion verstärkt sich die Zyanose massiv und das Pulmonalstenose-Geräusch ist kaum oder nicht mehr auskultierbar, und es kann sogar zum Bewusstseinsverlust kommen.
Differenzialdiagnose
Bei „low cardiac output“ kann eine Zyanose auch bei normaler arterieller O2-Sättigung vorliegen (Ausschöpfungszyanose). Sie manifestiert sich – meist ausschließlich – als Akrozyanose. Klinisch sind kühle Extremitäten und ein flacher Puls festzustellen, die arteriovenöse O2-Sättigungsdifferenz ist von 40 auf mehr als 60 % erhöht. Ein weiterer Grund einer sichtbaren Zyanose ohne arterielle O2-Untersättigung ist die überwiegend beim Neugeborenen vorkommende Polyzythämie. Unter diesen Bedingungen kann trotz normaler arteriovenöser O2-Differenz der Anteil reduzierten Hämoglobins in den Kapillaren 3 g/dl überschreiten. Das umgekehrte Phänomen ist das bereits erwähnte Fehlen einer Zyanose bei anämischen Patienten trotz vorliegender Hypoxämie. Die Differenzierung einer pulmonal bedingten von einer kardial bedingten Zyanose kann durch Hyperoxygenation des Patienten erfolgen (z. B. bei einem Neugeborenen mit kompletter Transposition), obwohl in vielen Fällen das klinische Bild (mit Tachydyspnoe bei respiratorischer Hypoxämie) eine Unterscheidung erlaubt. Angesichts der heute im pädiatrischen Bereich gut etablierten echokardiografischen Kenntnisse hat der Hyperoxygenations-Test nicht mehr den früheren Stellenwert.
Therapie
Ein früher häufiger bei Überschreiten hoher Hämatokritwerte praktizierter Aderlass – hierdurch kann die Häufigkeit zerebrovaskulärer Komplikationen nicht reduziert werden – wird heute nur noch bei auf die Hyperviskosität zurückzuführenden klinischen Symptomen (siehe oben) empfohlen. Das Volumen des Aderlasses sollte ein Maß nicht überschreiten, das die Symptome des Patienten beseitigt oder mildert. Eine durch Eisenmangel verursachte Mikrozytose oder Anämie muss durch orale Eisensubstitution behandelt werden. Eine Dehydratation kann fatal sein und erfordert entsprechenden Flüssigkeitsersatz. Die Indikation zur Antikoagulation wird sehr zurückhaltend (z. B. indiziert bei Vorhofflattern/-flimmern) gestellt, da sie zu erheblichen Imbalanzen der Hämostase führen kann.
Beim zyanotischen Anfall kann der Circulus vitiosus von Schreien und Verstärkung der Zyanose durch Hochnehmen des Kindes mit gegen das Abdomen gepressten Knien und Beruhigung des Kindes vielfach durchbrochen werden. In der Klinik wird man zusätzlich Sauerstoff verabreichen, die nächsten Schritte bestehen in Gabe von Morphin s.c., β-Blockern und notfalls auch in Beatmung und Relaxation. Nach Stabilisierung des Zustands ist unverzüglich eine operative Behandlung entweder durch Schaffung einer systemisch-pulmonalen Shuntverbindung oder einer Korrekturoperation erforderlich. Bereits ein einmaliger zyanotischer Anfall ist eine Operationsindikation, die früher oft übliche prophylaktische β-Blocker-Therapie ist wegen ihres unzureichenden Schutzes nicht mehr zu empfehlen.
Fußnoten
1
Umrechnung: g/dl × 0,62 = mmol/l.
 
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