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Orthopädie und Unfallchirurgie
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Publiziert am: 14.01.2023

Septische Arthritis des Hüftgelenks und Coxitis fugax

Verfasst von: Silvia Gross und Erich Rutz
Die septische Arthritis des Hüftgelenks (Coxitis septica) ist eine durch Bakterien verursachte Infektion der Synovia, welche sich auf die umgebenden Strukturen ausbreiten kann, über den Gelenkknorpel bis hin zum gesamten Hüftgelenk, falls die richtige Therapie nicht rechtzeitig eingeleitet wird. Demensprechend ist die Diagnose einer septischen Hüftgelenksarthritis ein orthopädischer Notfall. Insbesondere die Unterscheidung zwischen einer „Coxitis fugax“, dem sogenannten „Hüftschnupfen“, und einer septischen Arthritis des Hüftgelenks ist nicht immer einfach. Letztere zu verpassen kann allerdings folgenschwere Konsequenzen haben: Im Extremfall kann eine verpasste bakterielle Gelenksinfektion zu einer Gelenksdestruktion führen und lebenslange schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Dieses Kapitel zeigt wichtige Punkte der Anamnese, klinischen Untersuchung sowie der weiterführenden radiologischen und laborchemischen Diagnostik auf, um die Diagnose und Differentialdiagnose der septischen Arthritis des Hüftgelenks besser zu verstehen und dementsprechend frühzeitig eine adäquate chirurgische und antibiotische Therapie einzuleiten, was das Outcome signifikant verbessert.

Einleitung

Die septische Arthritis des Hüftgelenks (Coxitis septica) ist eine durch Bakterien verursachte Infektion der Synovia, welche sich auf die umgebenden Strukturen ausbreiten kann, über den Gelenkknorpel bis hin zum gesamten Hüftgelenk, falls die richtige Therapie nicht rechtzeitig eingeleitet wird. Demensprechend ist die Diagnose einer septischen Hüftgelenksarthritis ein orthopädischer Notfall. Insbesondere die Unterscheidung zwischen einer „Coxitis fugax“, dem sogenannten „Hüftschnupfen“, und einer septischen Arthritis des Hüftgelenks ist nicht immer einfach. Letztere zu verpassen kann allerdings folgenschwere Konsequenzen haben: im Extremfall kann eine verpasste bakterielle Gelenksinfektion zu einer Gelenksdestruktion führen und lebenslange schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Dieses Kapitel zeigt wichtige Punkte der Anamnese, klinischen Untersuchung sowie der weiterführenden radiologischen und laborchemischen Diagnostik auf, um die Diagnose und Differentialdiagnose der septischen Arthritis des Hüftgelenks besser zu verstehen und dementsprechend frühzeitig eine adäquate chirurgische und antibiotische Therapie einzuleiten, was das Outcome signifikant verbessert. Die Inzidenz der septischen Gelenkentzündungen in Industrieländern wird generell mit ca. 4–5 Fällen auf 100.000 Kinder angegeben. Jungen sind im Vergleich zu Mädchen häufiger betroffen (2:1 Verteilung). 50 % aller Fälle der septischen Arthritis des Hüftgelenks treten bei Kindern unter 2 Jahren auf und 75 % aller Fälle bei Kindern unter 5 Jahren (Kliegman et al. 2020). Die Pathogenese der septischen Arthritis des Hüftgelenks ist primär die hämatogene Streuung einer Infektion in den Gelenkspalt. Die ausgesprochen gute Gefäßversorgung der Synovialmembran bildet die ideale Voraussetzung hierfür. Seltener sind eine direkte Keiminokulation, wie z. B. im Rahmen iatrogener Eingriffe, oder Ausbreitung einer angrenzenden Infektion, wie z. B. eine Osteomyelitis, die Ursache (Kliegman et al. 2020; Ceroni et al. 2014). Insbesondere bei kleineren Kindern (in der Regel unter 18 Monaten) mit offenen Wachstumsfugen kann eine Osteomyelitis auf das Gelenk übergreifen und eine septische Arthritis des Hüftgelenks verursachen (Ceroni et al. 2014). Die genaue Rolle von Traumata bei der Entstehung von septischer Arthritis des Hüftgelenks ist noch nicht abschließend geklärt (Pääkkönen 2017). Der Befall der Synovia und Destruktion des Knorpels resultiert aus einer Kombination von im Rahmen der Entzündungsreaktion vorhandenen proteolyten Enzymen und mechanischen Faktoren (Kliegman et al. 2020). In weiter fortgeschrittenem Krankheitsverlauf kann durch erhöhten intraartikulären Druck durch Eiteransammlung im Gelenkspalt die Gefäßversorgung so stark kompromittiert werden, dass es zur Osteonekrose kommt. Das Keimspektrum der septischen Arthritis des Hüftgelenks ist weitgehend abhängig vom Alter des Patienten, sowie von der geographischen Lokalisation und vom sozio-ökonomischen Status. Grampositive Organismen sind insgesamt häufiger zu finden im Vergleich zu gramnegativen. Der Keim, der universal am häufigsten die septische Hüftgelenksarthritis verursacht, ist Staphylococcus aureus mit >25 %, wobei zunehmend mit Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) zu rechnen ist – auch bei Patienten ohne bekannte Risikofaktoren. Weitere häufige Keime sind Streptokokken der Gruppe A, Pneumokokken, Meningokokken, Enterokokken und Corynebakterien. Die Inzidenz des früher häufigen Hämophilus influenzae B hat mit der Einführung der Impfung deutlich abgenommen (Peltola et al. 1998). Der etwas neuere Keim Kingella kingae ist vor allem in unter 4-jährigen Patienten häufiger nachzuweisen, insbesondere mit PCR-Methoden (Ceroni et al. 2010). Gonokokken findet man zudem im Erregerspektrum bei sexuell aktiven Jugendlichen und bei Neugeborenen (Übertragung während des Geburts-vorgangs). In der Neugeborenenperiode finden sich außerdem insbesondere Streptokokken der Gruppe B, sowie E. coli im Keimspektrum (Wagner et al. 2017). Zu den weniger häufig nachgewiesenen Keimen gehören Salmonella spp. (insbesondere bei Patienten mit Sichelzellanämie), Candida, Coxiella burnetii (Q-Fieber), Tuberkulosebakterien und Brucella, letztere vorwiegend in endemischen Gebieten (Wagner et al. 2017; Rutz und Spoerri 2013).

Anamnese und klinische Untersuchung

Meist finden sich in der Anamnese nicht nur lokale Symptome (Hüftschmerzen, Gehverweigerung), sondern auch systemische Symptome wie Fieber, Schüttelfrost und reduziertes Allgemeinbefinden. Oft wird ein plötzlich einsetzender Schmerz assoziiert mit reduziertem Bewegungsausmaß und Gehverweigerung angegeben. Das betroffene Bein wird charakteristischerweise leicht gebeugt, außenrotiert und abduziert gehalten, was zu einer Reduzierung des intraartikulären Drucks führt (Rutz und Spoerri 2013). Die klinische Untersuchung sollte die Palpation des Hüftgelenks (Druckschmerz, Stauchungsschmerz), Begutachtung des Bewegungsmusters (Gangbild, Schonhaltung, Nichtbelasten einer Extremität) und Bestimmung des Bewegungsumfangs beinhalten. Die Einschränkung der Hüftinnenrotation stellt in der Regel ein zuverlässiges Zeichen für das Vorliegen eines Hüftgelenkergusses dar.

Laborchemische und radiologische Diagnostik

Bei Verdacht auf septische Arthritis des Hüftgelenks hat es sich bewährt, folgende Laborparameter zu bestimmen: Blutbild (Leukozyten), Blutkultur (jedoch nur in ca. 20 % der Fälle positiver Erregernachweis (Kliegman et al. 2020)), Blutsenkungsrate und CRP. Sowohl erhöhte Blutsenkungsrate als auch CRP sind bei der septischen Arthritis des Hüftgelenks in der Regel deutlich erhöht und können nicht nur initial, sondern auch im Krankheitsverlauf zur Beurteilung des Ansprechens auf eine eingeleitete Therapie hilfreich sein. Neben der klinischen und laborchemischen Untersuchung sollte auch eine radiologische Bildgebung erfolgen. Die Ultraschalluntersuchung gehört zur routinemäßigen Diagnostik bei Verdacht auf septische Arthritis des Hüftgelenks (siehe Abb. 1a). Insbesondere zur Erkennung oder zum Ausschluss eines Gelenksergusses ist sie sehr sensitiv (Whitelaw und Varacallo 2020). Zudem kann die Synovialflüssigkeit gut ultraschallgesteuert punktiert werden. Wichtig ist zu erwähnen, dass eine Ultraschalluntersuchung nicht zwischen einem bakteriellen Erguss und einem Erguss im Rahmen einer Coxitis fugax unterscheiden kann. In der Frühphase einer septischen Arthritis des Hüftgelenks können in einigen Fällen im Röntgenbild eine Verbreiterung des Gelenkspalts, Weichteilödeme und Fettpolsterverlagerung dargestellt werden. Allerdings ist das konventionelle Röntgen in zwei Ebenen zur Diagnose der septischen Arthritis des Hüftgelenks initial meist nicht wegführend und oft unauffällig. Es hilft jedoch, in der Akutsituation v. a. andere Ursachen des Hüftschmerzes bzw. der Bewegungseinschränkung auszuschließen, wie z. B. Frakturen, Morbus Perthes, neoplastische Läsionen oder Epiphysiolysis capitis femoris. CT und MRT-Untersuchungen (siehe Abb. 1b) sind nicht standardmäßig indiziert. Vor allem bei unklarer Ausbreitung in Knochen- und Weichteilgewebe oder bei nicht adäquatem Therapieansprechen oder Verdacht auf ein Rezidiv können diese bildgebenden Verfahren jedoch sinnvoll sein und die chirurgische Planung der Intervention erleichtern (Monsalve et al. 2015). Abzuwägen sind die jeweiligen Vor- und Nachteile, die mit diesen Untersuchungsmethoden einhergehen, insbesondere hohe Strahlenbelastung (CT) und oft notwendige Sedierung (MRT) der Kinder. Die nuklearmedizinische Diagnostik mit 99Technetium-Methylen-Diphosphat ist sehr sensitiv, um eine Diagnose der septischen Hüftgelenksarthritis zu unterstützen, kommt in der Klinik jedoch selten zum Einsatz. Insbesondere wenn mehrere Lokalisationen der septischen Arthritis vermutet werden oder die genaue Lokalisation unklar ist, kann dieses Verfahren hilfreich sein (Kliegman et al. 2020).

Differentialdiagnose

Die Liste der Differentialdiagnosen bei kindlichem Hüftschmerz beinhaltet neben der Coxitis fugax die folgenden Hauptgruppen:
  • mechanische/traumatische Ursachen: Frakturen, Kontusionen, Muskelzerrungen, Epiphysiolysis capitis femoris
  • Krankheiten des rheumatischen Formenkreises: Juvenile rheumatische Arthritis, Purpura Schönlein-Hennoch, Kawasaki-Syndrom, ankylosierende Spondylitis, Rheumatisches Fieber
  • andere entzündliche Ursachen: Lyme-Arthritis, Weichteilinfekte, Osteomyelitis (des proximalen Femurs, Beckens oder der unteren Wirbelkörper), Psoas-Abszess, Pyomyositis.
  • reaktive Arthritiden: insbesondere nach gastrointestinalen oder oberen Atemwegsinfekten.
  • neoplastische Läsionen: benigne und maligne Knochentumoren oder Leukämien
  • vaskuläre Ätiologien: idiopathische kindliche Femurkopfnekrose (Morbus Perthes), Osteonekrose, Hämoglobinopathien, z. B. Sichelzellanämie und Hämophilien mit Hämarthros (Kliegman et al. 2020; Rutz und Spoerri 2013)
Ebenso wie die septische Arthritis ist eine akute Osteomyelitis eine bakterielle Infektion, mit in der Regel hämatogener Streuung als Ursache. Die Osteomyelitis ist definiert als Infektion des Knochens mit Beteiligung des Marks, der Kortikalis und des Periosts (Wagner et al. 2017). Charakteristisch in der klinischen Untersuchung sind lokalisierter Druckschmerz bei Palpation des Knochens, sowie Schmerzen bei Bewegung. Fieber und erhöhte Entzündungswerte sind ebenso typisch, schließen eine Osteomyelitis bei Nichtvorhandensein jedoch nicht aus. Bildgebende Verfahren, insbesondere MRT (Monsalve et al. 2015), unterstützen die Diagnose und intravenöse Antibiotikagabe ist die Therapie der Wahl. Eine chronische Osteomyelitis kann eine chirurgische Therapie notwendig machen (Goergens et al. 2005). Insbesondere bei Säuglingen kann eine Osteomyelitis gleichzeitig mit einer septischen Arthritis einhergehen (Wagner et al. 2017).
Eine klinische Herausforderung stellt meist die Abgrenzung der septischen Arthritis des Hüftgelenks zur selbstlimitierenden Coxitis fugax, dem sogenannten „Hüftschnupfen“, dar. Eine Coxitis fugax, welche charakteristischerweise in zeitlichem Zusammenhang mit einem viralen Infekt auftritt, ist in der Regel harmlos und nach durchschnittlich ca. 3–4 Tagen selbstlimitierend. Ein protrahierter Verlauf bis zu 14 Tage ist jedoch möglich; sowie auch ein repetitivs Auftreten einer Coxitis fugax. In solchen Fällen muss jedoch eine ernsthafte Erkrankung ausgeschlossen werden. Die Coxitis fugax geht normalerweise nicht mit systemischen Entzündungszeichen wie Abgeschlagenheit und Fieber einher. Laborchemische Erhöhung der Entzündungszeichen ist untypisch und die Therapie besteht in Analgesie mit nichtsteroidalen Entzündungshemmern und körperlicher Schonung (Whitelaw und Varacallo 2020). Ein Kind mit einer septischen Hüftgelenksarthritis hingegen stellt sich in der Regel schwerkrank und mit hohem Fieber vor. Das Alter des Patienten spielt eine wichtige Rolle bei der Differentialdiagnose: Die Coxitis fugax kommt hauptsächlich in Kindern zwischen 3–10 Jahren vor mit einem Durchschnittsalter von 4,7 Jahren (Whitelaw und Varacallo 2020). Von Morbus Perthes sind in der Regel Kinder zwischen 5–7 Jahren betroffen. Epiphysiolysis capitis femoris und Hüftluxation hingegen kommen gehäuft im Adoleszentenalter vor. Rheumatische Hüftgelenksbeschwerden (JRA), sowie benigne und maligne Tumoren können sowohl im Kleinkindalter als auch in heranwachsenden Kindern und Jugendlichen vorkommen (Yagdiran et al. 2020).
Das Vorliegen der 1999 entwickelten sogenannten „Kocher-Kriterien“ hat sich als sehr hilfreich herausgestellt (Kocher et al. 1999):
  • Anamnese von Fieber (>38,5 °C)
  • Nicht Belasten des betroffenen Beines
  • Blutsenkungsrate (>40 mm/h)
  • Leukozyten (>12 × 109).
Tab. 1 zeigt die vorhergesagte Wahrscheinlichkeit voraus. Im Jahre 2006 wurde von Caird et al. zusätzlich noch das CRP > 20 mg/L hinzugefügt (Caird et al. 2006).
Tab. 1
Wahrscheinlichkeit der septischen Arthritis des Hüftgelenks anhand von Anzahl der erfüllten Kocher Kriterien (nach Kocher et al. 1999)
Anzahl erfüllte Kocher-Kriterien
Wahrscheinlichkeit der septischen Hüftgelenksarthritis
0 von 4
<0,2 %
1 von 4
3,0 %
2 von 4
40,0 %
3 von 4
93,1 %
4 von 4
99,6 %
Tab. 2 zeigt wichtige klinisch relevante Symptome und laborchemische Unterschiede dieser Krankheitsbilder auf. Im klinischen Alltag hat sich der in Abb. 2 dargestellte Algorithmus (Rutz et al. 2013) in der Behandlung und Differentialdiagnose bei Kindern mit einer Hüftgelenkspathologie bewährt.
Tab. 2
Differentialdiagnose Coxitis fugax und septische Arthritis des Hüftgelenks
 
Coxitis fugax
Septische Arthritis des Hüftgelenks
CRP
niedrig bzw. unauffällig
meist hohe Werte
niedrig oder keines (tritt meist nach Infekt auf! Anamnese (stattgehabter Infekt)!
septisches, meist abendliches Fieber, oft Schüttelfrost
Allgemeinsymptome
meist unauffällig, Allgemein- zustand gut
blass, apathisch, schlechter Allgemeinzustand
Gehen
hinkend möglich
bewegt sich nicht, gehunfähig
Gelenkuntersuchung
endgradig eingeschränkte Hüftbeweglichkeit
lässt das Kind nicht zu, da sehr schmerzhaft
 
Knieschmerzen
ausgeprägte Schonhaltung
 
Stauchungsschmerz der Hüfte bzw. Klopfschmerz über dem Trochanter fehlt
Hüftschmerz
Beweglichkeit massiv eingeschränkt
Trochanterklopfschmerz, Stauchungsschmerz des Hüftgelenks

Therapie

Im Zweifelsfall muss notfallmäßig eine Gelenkspunktion erfolgen. Die Gelenks-punktion (siehe Abb. 3) dient sowohl dem Erregernachweis als auch der Therapie, indem der intraartikuläre Druck reduziert wird und somit Spätfolgen (Knorpeldestruktion) reduziert werden können. Die Punktion ist so frühzeitig wie möglich nach Diagnosestellung anzustreben, möglichst vor Antibiotikagabe, sodass bei Identifizierung des Erregers aus der Synovialflüssigkeit spezifisch antibiotisch behandelt werden kann. Interessant ist, dass nur in ca. 30–70 % der Fälle ein Keimnachweis aus der Synovialflüssigkeit gelingt (Pääkkönen 2017). Empfehlenswert ist, aus dem Punktat Zellzahl und Zelldifferentierung anzustreben, zudem eine Kultur anzulegen und Gramfärbung vorzunehmen. Ebenso wird eine eubakterielle PCR (spezifisch fur Kingella kingae, falls verfügbar) empfohlen (Wagner et al. 2017). Bereits makroskopisch lassen sich erste Vermutungen über die Ursache des Gelenkergusses machen. Tab. 3 stellt eine Übersicht über die Analyse und Differentialdiagnose der Synovialflüssigkeit dar (Brannan und Jerrard 2006).
Tab. 3
Übersicht der Analyse der Synovialflüssigkeit bei verschiedenen Krankheitsbildern (modifiziert nach Brannan und Jerrard 2006)
 
Farbe
Leukozyten (/ mm3)
Neutrophile (%)
Viskosität
Kristalle
Normal
farblos, durchsichtig
<200
<25 %
hoch
neg.
Nicht-entzündlich
klar, hellgelb
200–2000
<25 %
hoch
neg.
Rheumatisch
gelblich, trüb
2000–50.000
>50 %
gering
pos. oder neg.
Septisch
gelb-grünlich, trüb
>50.000
>75 %
gering
neg.
Hämarthros
Xanthochrom, blutig
200–2000
50–75 %
variabel
neg.
Bei makroskopisch sichtbarem Erguss sollte die unmittelbare Gelenkspülung folgen. Ob diese offen oder arthroskopisch erfolgt, hängt mehr von den technischen Skills des Operateurs ab. In der Regel kann mit einem arthroskopischen Verfahren mehr Spülflüssigkeit durch das Gelenk gebracht werden als mit einer einfachen Arthrotomie. Dies sollte aber von der Verfügbarkeit dieser Technologien und von den technischen Skills des Operateurs abhängig gemacht werden. Auch das Alter des Patienten kann hier eine Rolle spielen. In der Regel wird bei Kindern <2 Jahren oft ein offenes Vorgehen vorgezogen. Bezüglich Outcomes gibt es keine statistisch signifikanten Unterschiede (El-Sayed 2008). Nach der Intervention ist eine umgehende postoperative Mobilisierung, soweit vom Patienten toleriert, zu empfehlen, um einer Einsteifung des Gelenks vorzubeugen. Initial wird mit empirischen Breitband-Antibiotika nach lokalen Guidelines therapiert. Aktuelle Empfehlungen im deutschsprachigen Raum differenzieren nach Alter des Patienten:
  • 0–2 Monate: Amoxicillin/Clavulansäure (3 × tgl. 50 mg/kg/dosis i. v.) und Gentamicin (1 × tgl. 7,5 mg/kg/dosis i. v.)
  • Monate – 4 Jahre: Amoxicillin/Clavulansäure (3 × tgl. 50 mg/kg/dosis i. v.) oder Cefuroxim (3 × tgl. 50 mg/kg/dosis i. v.)
  • >4 Jahre: Flucloxacillin (3 × tgl. 50 mg/kg/dosis i. v.). 2. Wahl: Amoxicillin/Clavulansäure (3 × tgl. 50 mg/kg/dosis i. v.) (Wagner et al. 2017)
Bei Verdacht auf MRSA oder Nachweis von gramnegativen Keimen im Grampräparat sowie bei Patienten mit Sichelzellanämie oder Immunsuppression sollte die Therapie individuell mit einem (pädiatrischen) Infektiologen abgesprochen werden (Wagner et al. 2017). Sobald der Erregernachweis vorliegt, erfolgt die Therapie spezifisch nach Antibiogramm. Die Dauer (und Wahl) der antibiotischen Behandlung sollte interdisziplinär besprochen werden. Allgemeiner internationaler Trend besteht zu einer kürzeren Dauer der intravenösen Therapie für mindestens 2–4 Tage, gefolgt von 10–14 Tage der oralen Therapie (Pääkkönen 2017; Castellazzi et al. 2016). Im Zweifelsfall sollte man jedoch eher zu einer längeren Therapie tendieren, da Spätkomplikationen auf alle Fälle vermieden werden sollten. Sollte nach einigen Tagen nach Gelenkspülung und Antibiotikagabe keine klinische Besserung erfolgen, ist ein MRI indiziert, um eine begleitende Osteomyelitis auszuschließen. Sollte dies vorliegen, ist eine längere antibiotische Therapie indiziert, ca. 3–4 Wochen (Wagner et al. 2017). Regelmäßige klinische, laborchemische und radiologische Nachkontrollen sind zwingend erforderlich (Pääkkönen 2017). Insbesondere nach Abschluss der Antibiotika-Therapie sollten auch abschließende Laborkontrollen erfolgen, um ein Rezidiv frühzeitig erfassen zu können. Eine Mitbeteiligung der Wachstumsfugen sollte ebenfalls für mindestens zwei Jahre nach Behandlungsabschluss mittels radiologischer Kontrollen ausgeschlossen werden (Pääkkönen 2017).

Prognose und Komplikationen

Schwerwiegende Spätfolgen der septischen Arthritis des Hüftgelenks sind in Industrieländern heute selten geworden, was wir vor allem der in der Regel frühzeitigen Diagnose und Therapie verdanken. Mit adäquater Therapie beträgt die Rezidivrate <10 % und Langzeitkomplikationen <5 % (Kliegman et al. 2020). Eine anfangs verpasste septische Hüftgelenksarthritis kann zu Sepsis mit Nebenwirkungen in multiplen Organsystemen führen. Eine insbesondere nicht rechtzeitig behandelte septische Arthritis des Hüftgelenks kann in langfristiger Zerstörung des Gelenks mit Kontrakturen und Gangstörungen resultieren. Bei Miteinbeziehung der Wachstumsfugen kann das Knochenwachstum beeinträchtigt sein und es kann zu Beinlängendifferenzen kommen (siehe Abb. 4a–c). Auch Arthrose in jungem Alter gehört zu den bekannten Folgen (Pääkkönen 2017). In solchen Fällen kann eine endoprosthethische Versorgung indiziert sein.

Zusammenfassung

Die septische Arthritis des Hüftgelenks ist ein orthopädischer Notfall. Die Kombination aus Gehverweigerung, Schmerzen und Fieber sollte den Kliniker aufmerksam machen und laborchemische und bildgebende Abklärungen veranlassen. Bei Verdacht auf septische Hüftgelenksarthritis ist eine sofortige Punktion mit Gelenkspülung zu veranlassen, direkt gefolgt von antibiotischer Behandlung.
Durch adäquate und rechtzeitig eingeleitete Therapie können Komplikationen wie Sepsis, Luxation und (komplette) Gelenkdestruktion weitgehend vermieden werden.
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